Stress

Stress - Grundlagen, Auslöser und Bewältigungsmöglichkeiten

7. Konkretes Beispiel einer Trainingssitzung

7.2.1 Hausaufgaben

In der vorangegangenen Sitzung wurden die Hausaufgaben gestellt, bewusst zu essen und positive Aktivitäten aufzubauen. Zum einen galt es, sich Zeit für das Essen zu nehmen und bewusst die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, so dass auch die Genussfähigkeit gefördert wird; zum anderen sollte man Aktivitäten in den Alltag integrieren, die man als angenehm und/oder entspannend empfindet, um so einen Belastungsausgleich zuschaffen. Die Resultate der Hausaufgaben werden nun im Plenum oder in kleinen Gruppen besprochen. Der Seminarleiter fördert den Austausch mit folgenden Fragen:

* Haben Sie mindestens einmal am Tag bewusst gegessen?

Haben Sie neue Erfahrungen dabei gemacht?

* Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Ausgleichsaktivitäten?

Würden Sie gerne mehr positive Aktivitäten in Ihren Alltag integrieren?

Gibt es Dinge, die Sie zwar gerne tun, jedoch selten in Ihrem Alltag umsetzen?

Ein Austausch über die Erfahrungen ist wichtig, da viele Menschen es erst lernen müssen, sich zu entspannen. Oftmals fühlen sie sich überfordert, wenn man unbedingt Erholungsphasen in den vollen Terminkalender einbauen muss. Es sollten dann Anregungen im Plenum gegeben werden, wie man auch kleine Alltäglichkeiten in ein positives Erlebnis umwandeln kann. So sollte man zum Beispiel versuchen, das morgendliche Frühstück oder den Weg von der Arbeit bewusst zu genießen. Es muss also nicht unbedingt eine spektakuläre Aktivität sein, die man in seinen Tagesplan integrieren und genießen soll.
Zu Problemen kann es ebenfalls kommen, wenn die Familie diese Aktivitäten nicht unterstützt. So kann z.B. ein Mann ärgerlich sein, dass er die Kinder abends ins Bett bringen muss, weil seine Frau mit Freundinnen verabredet ist.
Hierbei kann es empfehlenswert sein, die Familie mit in die positive Aktivität einzubeziehen.
Es muss noch einmal auf die Wichtigkeit dieser Aktivitäten für die Selbstakzeptanz und Genussfähigkeit hingewiesen werden.


7.2.2 Imagination euthymer Highlights

Dies ist eine Übung, bei der die Kursteilnehmer versuchen sich an intensive positive Situationen und Gefühle zu erinnern, die sie bereits erlebt haben.
Eingeleitet wird die Übung mit einer Zeit der Entspannung, um sich zu sammeln. Alle Teilnehmer suchen sich einen möglichst bequemen Platz im Raum und legen sich mit Matten auf den Boden.
Danach beginnt die Zeit, in der die Teilnehmer die schönsten Momente ihres Lebens Revue passieren lassen. Gefühle wie Stolz, Freude, Begeisterung und Humor sollen wieder lebendig werden. Dabei haben die Teilnehmer die Aufgabe, jedes Gefühl einzeln wahrzunehmen, zu beobachten wo es im Körper entsteht und wie es sich über den ganzen Körper ausbreitet. Schließlich sollen alle Gefühle noch einmal zusammen erfahren werden.
Das Ziel der Übung ist es, die Sensibilisierung für positive Emotionen aufzubauen. Gefühle sollen in ihrer Reinheit wahrgenommen werden, ohne dass es einen bitteren Beigeschmack gibt, der mahnt sich nicht zu früh zu freuen oder sich nicht so aufzuspielen.
Der Leiter weist die Teilnehmer darauf hin, dass diese Gefühle wie eine Batterie sind, an der man Energie tanken kann. Diese Erinnerungen sind immer parat und können zu jeder Zeit als euthyme Ressource genutzt werden.
Die Übung führt meistens zu einem positiven Gesamtbefinden, so, als hätte man neue Kraft geschöpft.
Auch diese Übung wird im Plenum reflektiert, da einige nach dieser Übung eine Trauerreaktion zeigen. Diese kann hervorgerufen werden, indem sie merken, dass sie diese Gefühle lange nicht mehr erlebt haben, sie ihre Anhedonie und innere Leere erkennen, oder aber die Leute, mit denen diese schönen Erinnerungen verbunden waren schon gestorben sind. Vielleicht haben sie auch mit dem Älterwerden die Tiefe der Emotionen verloren.
All dies weist sie aber auch darauf hin, dass die Bedeutung von euthymen Gefühlen sehr groß ist. Eine Besprechung der Übung ist somit nötig, um die betroffenen Teilnehmer nicht mit ihren Empfindungen alleine zu lassen.[2]


7.2.3 Persönliches Sinn- und Bedeutsamkeitserleben

Bei der Reflexion der erlebten Gefühle stellt der Kursleiter Fragen, die die Teilnehmer dazu anregen sollen, sich darüber bewusst zu werden, was wirklich bedeutsam in ihrem Leben ist und wie ihre Lebenseinstellung insgesamt aussieht. Die Fragen können wie folgt aussehen:

Welchen Stellenwert haben diese Gefühle für Sie?

Wie oft tauchen sie in Ihrem Alltag auf?

Haben Sie Ihre Prioritäten richtig gesetzt?[3]


7.2.4 Haftstrafe

Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine Übung zur Dankbarkeit. Die Seminarteilnehmer sollen sich vorstellen, sie müssten eine 20 jährige Haftstrafe absitzen, bei der sie nur Wasser und Brot bekämen. In der Haft soll man nun darüber nachdenken, was einem wichtig ist und was man vermisst.
Die Kursteilnehmer haben danach 10 Minuten Zeit alles aufzuschreiben, was ihnen dazu einfällt.
Das Ziel dieser Übung ist es, sich bewusst zu werden, wie viele kleine Geschenke man im Alltag einfach übersieht. Man soll z.B. den Spaziergang im Park oder den Duft frischer Brötchen bewusster wahrnehmen und sich darüber klar werden, dass es so viel Schönes im Leben gibt, wofür man dankbar sein kann.
Alternativ zu dieser Übung ließe sich auch ein Dankesbrief an eine bestimmte Person verfassen.[4]


7.2.5 Humor

Bei diesem Thema ist der Leiter sehr aktiv. Er beginnt damit, eine Diskussion im Plenum vorzubereiten, indem er Fragen stellt, die die Teilnehmer dazu bringen sollen, über die Bedeutung des Humors nachzudenken. Er fragt sie: Was bedeutet Humor für Sie? Welche Rolle spielt er in Ihrem Alltag? Hat es Ihnen in schwierigen Situationen schon einmal geholfen?
Es soll im Plenum herausgearbeitet werden, welche Bedeutung Humor als Bewältigungsressource zukommt.
Im nächsten Schritt liest der Leiter verschiedene Zitate zum Thema vor. Bsp.:

„ Jede Angst hat ihren Gegenspieler nämlich den Humor“

„ Am aller vernünftigsten ist es nicht all zu vernünftig zu sein“ [5]

Daraufhin gibt der Kursleiter Informationen zur gesundheitlichen Bedeutung des Lachens. ( 3 bis 4 mal mehr Gasaustausch, wirkt wie Heilgymnastik, Reinigung des Blutes, Sauerstoffdusche im Gehirn, Stärkung des Immunsystems, Ausschüttung von Glückshormonen, entspricht einer Entspannungsübung, etc.)
Auch Humor ist trainierbar. Man sollte gerade in unangenehmen Situationen Aufheiterung suchen. Der Leiter gibt nun noch einige Übungstipps, die als Hausaufgabe durchgeführt werden sollen.

1. Das Kind in uns zurückbringen: Man soll ein Foto heraussuchen, was einen als glückliches Kind zeigt. Dies soll man sich mehrmals ansehen und sich daran erinnern, wie viel Lebensfreude man damals hatte. Diese Lebensfreude soll man sich jetzt zurückholen.
2. Den Erwachsenen mit Energie aufladen: Man soll ein aktuelles Foto von sich aufstellen, auf dem man gut gelaunt zusehen ist und es sich mehrmals am Tag intensiv ansehen.
3. Sich der Ausgelassenheit erinnern: Man soll jeden Abend die schönen und witzigen Situationen des Tages Revue passieren lassen. ( Man kann evtl. ein Spaßtagebuch schreiben.)
4. Sich über die eigenen Schattenseiten lustig machen: Man soll eigene Probleme und Ängste ironisieren und übertreiben (z.B. meine drei Lieblingsängste, ohne die ich nicht leben kann). Dadurch bekommt man eine andere Sichtweise auf die Dinge und nimmt sie nicht mehr ganz so wichtig.
5. Den Humor wichtiger nehmen: Man soll seine Umgebung mit Humor anreichern (Lustige Filme, Bilder, Tonbänder...)[6]


7.2.6 Zusammenfassung der Hausaufgaben

Auch hier sollen die Klienten zur nächsten Sitzung wieder kleine Hausaufgaben bearbeiten, die in der folgenden Sitzung reflektiert werden können.[7]

[1] Vgl. Viehauser, 2000.

[2] Vgl. Viehauser, 2000.

[3] Vgl. Viehauser, 2000.

[4] Vgl. Ebd.

[5] Frankel, 1987, nach Viehauser, 2000.

[6] Vgl. Viehauser, 2000.

[7] Vgl. Ebd..
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